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Hi,

folgende Aufgabe:

Bild Mathematik in meinem Script steht: ∂12f = ∂1(∂2f) und ∂21f = ∂2(∂1f) sowie dass man bei ∂f(0,0) den Differnezenquotienten benutzen muss.

Jetzt habe ich (∂2f(0,0)) und (∂1f(0,0)) berechnet, die beide 0 sind.

Wie rechne ich da jetzt weiter? Ableitung von 0 ist ja 0...


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Du solltest vermutlich noch x und y in deinen ersten Ableitungen drinn haben und diese Terme weiter ableiten, bevor du überall 0 einsetzt.

wie?

2(∂1f(0,0))
->
(∂1f(0,0)) = lim h -> 0 (f(h,0) - f(0,0))/h = lim h -> 0 ((0/h^2) - 0)/h = 0

da fällt ja alles weg?

Ich kann mich nur wiederholen, da ich nicht mehr weiss. Für Differenzenquotienten musst du immer auch Punkte neben (0,0) in die Rechnung einbeziehen. Daher den Term mit x und y auch noch ableiten.

2(∂1f(0,0)) bedeutet anscheinend ∂1f(x,y) (nennen wir es a) ausrechnen und dann ∂2(a(0,0))

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Hier lass da mal Physiker ran so wie mich. Die  ganzen Matematiker stellen ohnehin nur falsche Behauptungen auf. Wirst sehen; jener Unkenruf, dass


f_xy  (  0  ;  0  )  <  >  f_yx  (  0  ;  0  )          (  1  )


stimmt gar nicht.   So lange ( x | y ) nicht der Nullpunkt ist, sind beide Ableitungen sowieso gleich. Irgendwo sollte einen das doch misstauisch stimmen; wieso sind sie denn auf einmal im Ursprung verschieden?

Dieser Nenner wird auch gar nicht singulär; was hier schief geht, merkst du, wenn du wie ein gestandener Physiker eine Koordinatentransformation zulässt. Wir machen das jetzt mit Polarkoordinaten


x  =:  r  cos  (  ß  )       (  2a  )

y  =:  r  sin  (  ß  )        (  2b  )

f  (  x  ;  y  )  =  x  y  (  x  ²  -  y  ²  )  /  (  x  ²  +  y  ²  )     (  3a  )

f  (  r  ;  ß  )  =  r  ²  sin  (  ß  )  cos  (  ß  )  [  cos  ²  (  ß  )  -  sin  ²  (  ß  )  ]    (  3b  )


Dieser ganze Wirrwarr lichtet sich; tatsächlich separiert die Funktion ganz manierlich in ein Produkt aus einem r-Polynom und einem Polynom in Sinus/Kosinus:


f  (  r  ;  ß  )  =  P  (  r  )  Q  [  sin  (  ß  )  ;  cos  (  ß  )  ]     (  4a  )


(  3b  ) habe ich absichtlich so ausführlich geschrieben, weil nicht jeder die ===> Additionsteoreme  ( AT ) drauf hat. Du musst einmal das Sinus-und einmal das Kosinusteorem anwenden


f  (  r  ;  ß  )  =  1/2  r  ²  sin  (  2  ß  )  cos  (  2  ß  )     (  4b  )


und noch einmal das Sinusteorem


f  (  r  ;  ß  )  =  1/4  r  ²  sin  (  4  ß  )      (  4c  )


Auf einmal wirkt das direkt anschaulich. Wenn du den Ursprung auf einem Kreis umkreisest, hast du eine Welle der Periode Pi/2 ; ein Umlauf entspricht demnach vier Perioden. Und folgst du einem Strahl,  geht der Betrag mit r ² ; die funktion geht im Nullpunkt stetig gegen Null.

Der Unterschied zwischen euch Matematikern und uns Physikern ist immer, dass ihr den Wald vor lauter Bäumen nicht seht. Die ganzen Ableitungen zu bilden, erfordert ein technisches Geschick, das selbst gestandene Profs überfordert - wirst sehen. Insofern befindest du dich da in bester Gesellschaft.

Aber ich apelliere jetzt an deine Intuition. WAS geht schief, wenn du ( 4c ) zwei Mal ableitest ( ??? !!! )

Wir hatten einen Mathelehrer; Herrn Simon. Der war ===> gefühlsblind ===> Amygdala ; Antonio und Margarete ===> Damasio.  Längst ist die Utopie von ===> Mr. Spock widerlegt. Ohne Intuition kannst du kein guter Matematiker sein; bei diesem Beispiel wird sich das ja erweisen.

Du hast jetzt Zeit, deine innere Stimme zu befragen, während ich hier meine Teorien entwickle.

Zunächst mal zahlen wir einen verdammt hohen Preis.  ( Aber ich zahle ihn gerne; die Quotientenregel ist absolut tödlich. Ihr müsst sie meiden wie die Pest. )

Mit der Polardarstellung  ( 4c ) werden wir nicht so recht glücklich, weil wir ja Ableitungen nach x und y bilden müssen; wende die Kettenregel an


f_x  (  r  ;  ß  )  =  1/2  r  (  dr / dx  )  sin  (  4  ß  )  +  r  ²  (  dß / dx  )  cos  (  4  ß  )     (  5  )


Was wir suchen, sind genau die Elemente der Transformationsmatrix. Nach irgendsom ostischen Typ is die benannt; ich glaub Wronsky.  War das jetzt dran in der Vorlesung? Physiker kommen damit eher früh in Berührung; Matematiker eher spät. Schau mal im Courant-Hilbert Bd. 2; da ist das drin. Was du auch mit ( 2ab ) sofort hinschreiben kannst, ist die Richtung


d  (  x  ;  y  )

A  :=   ------------------------      =       (  6a  )

d  (  r  ;  ß  )


cos( ß )  - r sin( ß )

sin( ß )     r cos( ß ) 



Wir benötigen aber in ( 5 ) die Inverse.


d  (  r  ;  ß  )

A  ^ -1  =    ----------------------------             (  6b  )

d  (  x  ;  y  )


Da gibt es jetzt drei Verfahren, was man tun könnte - ich will sie nacheinander vorstellen. Das erste Verfahren ist ganz heuristisch. Ich sage z.B.


r  =  sqr  (  x  ²  +  y  ²  )        (  7a  )

(  dr / dx  )  =  x  /  r  =  cos  (  ß  )     (  7b  ) 

(  dr / dy  )  =  sin  (  ß  )         (  7c  ) 


Diese Vorgehensweise krankt daran, dass ich nicht nur ableite, sondern ich muss die Ergebnisse hinterher noch geschickt interpretieren. Bei ß wird dies besonders deutlich:


y  =  r  sin  (  ß  )        (  2b  )


Ich leite ab nach x


(  dr / dx  )  sin  (  ß  )   +  r  (  dß  /  dx  )   cos  (  ß  )  =  0     (  8a  )


(  7b  )  einsetzen


sin  (  ß  )  +  r  (  dß  /  dx  )   =  0  ===>   (  dß  /  dx  )  =  -  ( 1 / r )  sin  (  ß  )      (  8b  )


Analog


(  dß  /  dy  )  =  ( 1 / r )  cos  (  ß  )       (  8c  )


Die älteren Bücher wie Courant haben ja noch den Vorteil, dass sie ganz Praxis nah an den Bedürfnissen des Studenten orientiert sind; die tun jetzt nicht so auf jeder Seite mit € um sich schmeißen. Courant gibt sich redlich Mühe, die Matrix A ^ -1 in mehreren LGS  aufzulösen; seine kumpelhafte Herangehensweise hat mich inspiriert. Das ist Metode Nr. 2 .

Aber ich wollte den Durchbruch in Form einer einzigen Matrixgleichung - und er gelang mir noch vor dem Vordiplom. Geh mal aus von der Aussage


A  A  ^ -1  =  1  |  (  A+  )  *         (  9a  )


Anmerkung.  Bei der Umformung bedeutet " Stern Rechts " immer " Matrizenmultiplikation von Links "

(  A+  )  ist der zu A  ===> Hermitesch konjugierte Operator ( Zeilen und Spalten vertauscht )   Mit Definition ( 9b ) führt das auf


H  :=  (  A+  )  A        (  9b  )

H  A  ^ -1  =  (  A+  )  |  H  ^ -1  *    (  9c  )

A  ^ -1  =  H  ^ -1  (  A+  )     (  9d  )   


Jetzt wirst du mich fragen; was will ich mit diesem H ? Genau das ist nämlich das Geheimnis; das konnte niemand vorher wissen. Wenn du H berechnest, musst du in der Matrix ( 6a )  " Spalte mal Spalte " multiplizieren. Dann nimmt H überraschend die Form an


H  =  diag  (  1  ;  r  ²  )      (  9e  )


Und die Inverse einer Diagonalmatrix können wir trivial ( Dieses Rezept funktioniert übrigens auch bei Kugelkoordinaten. )


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Ich hatte noch keine Aufgabe ohne max Zeichen. Wär ja einfach, wenn ich wüsste, dass auch ihr alles das könnt, was ich euch sagen will. Zurück zu  unserem Ausgangsproblem ( 1.5; ich setze jetzt ( 1.7a;8b ) ein:



    f_x  (  r  ;  ß  )  =  1/2  r  sin  (  4  ß  )  cos  (  ß  )   -  r  sin  (  ß  )  cos  (  4  ß  )     (  2.1  )


Erinnerst du dich? Über Intuition, Damasio und Spock hatten wir uns unterhalten. Was sind denn nun so deine Ideen? Nur so global, meine ich. Hand aufs Herz; hattest du von Anfang an die Idee, dass eine Funktion, die mit r ² geht - also wenn ich die einmal ableite; gleich in welche Richtung - dann geht ihre Ableitung mit r ^ 1  .  Nur so als Idee; " apriori " ; vor aller tief gründigen Untersuchung.

Und jetzt meine Frage an deinen gesunden Menschenverstand: WAS passiert, wenn ich diese funktion zwei Mal ableite - egal. einmal in die Richtung des Vektors 47.11 ° und einmal in die Richtung 12.34 °  ?

Wenn du es noch nicht gemerkt haben solltest, machen wir inzwischen weiter. Produkte ableiten ist nicht so ersprießlich; du wir machen das  jetzt mit Fourieranalyse. Du hast doch sicher auch schon davon gehört, dass wenn man zwei Signale mit Frequenzen w1;2 miteinander multipliziert - Techniker sprechen von " Mischen " - dann kriegst du eine Oberwelle mit der Summenfrequenz ( w1 + w2 ) und eine Schwebung mit | w1 - w2 |

Ist nicht schwer; siehst du sofort mit dem AT . Ich addiere nur den fehlenden Term aus der Formelsammlung und ziehe ihn anschließend wieder ab.


sin  (  4  ß  )  cos  (  ß  )  =  1/2  (  sin  5  ß  +  sin  3  ß  )       (  2.2a  )

sin  (  ß  )  cos  (  4  ß  )  =  1/2  (  sin  5  ß  -  sin  3  ß  )       (  2.2b  )


(  2.2ab  )  einsetzen in  (  2.1  )


f_x  (  r  ;  ß  )  =  -  1/4  r  sin  (  5  ß  )  +  3/4  r  sin  (  3  ß  )     (  2.3  )


So; in der Form fällt dir das Ableiten nach y bedeutend leichter. Ganz egal, ob du dich verrechnest.

Hast du dich schon mal gefragt, wie viel Uhr dass es auf dem Nordpol ist?

Stetigkeit ist so eine Sache.

Du könntest doch den Nordpol auf einem Kreis mit 1 m  Radius umschreiten - sämtliche Zeitzonen würdest du durchlaufen.

Aber direkt auf dem Nordpol gibt es keine Zeit ...  Dem Nordpol ist kein geografischer Längengrad zugeordnet.

Genau so hier; ehrlich gesagt ich bin müde. Ich wioll jetzt nicht nochmal ableiten. Aber was du jetzt bekommst bei der zweiten Ableitung, ist eine Funktion, die NUR von dem Azimut ß abhängt und nicht mehr von r .

D.h.wenn du dich dem Ursprung aus einer konstanten richtung ß näherst, dann hängt der Grenzwert für f_xx , f_xy , f_yy und wie sie alle heißen mögen davon ab, aus welcher Richtung du dich dem Punkt r = 0 näherst.

Es shandelt sich darum, dass diese ganzen Ableitungen zweiter Ordnung nicht stetig ergänzbar sind im Ursprung, weil ihr Grenzwert abhängt von der Art und Weise, wie du diesen Grenzwert bildest. Wir hatten verabredet: Eine Funktion bekommt nur dann einen wert zugewiesen, wenn sie stetig ergänzbar ist

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