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Mir ist klar, was ganzrationale Funktionen sind. Ich frage mich nur, warum man nicht als Hauptbegriff "Polynomfunktionen" gewählt hat (wie in der englischen Sprache). Dieser Begriff passt meiner Meinung nach viel besser zu dieser Art von Funktionen.

Natürlich sage ich dies auch deshalb, weil mir der Begriff "ganzrational" nicht einleuchten will. Sogar widersprüchlich erscheint. Schließlich denkt man bei "rational" doch sofort an die Rationalen Zahlen (Zahlen, die sich als Bruch darstellen lassen) und das "ganz" beißt sich dort.

Wer kennt sich hier aus? Hat also das nötige Hintergrundwissen und eine Erklärung parat?

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Das ist wohl v.a. um eine Verbindung zwischen bekannten 'ganzrationalen' Funktionen  mit  neuen 'gebrochenrationalen' Funktionen herzustellen. Man kann ja vieles, was man bei Polynomen lernt bei gebrochenrationalen Funktionen wieder anwenden.

Bisher dachte ich, dass ganzrationale Fkt. und Polynomfunktion das Gleiche wären. Hier: http://www.uni-protokolle.de/foren/viewt/190045,0.html Antwort von Calculus am 24 Mai 2008 um 23:14:57 wird unterschieden, abhängig vom Körper in dem gerechnet wird:

"Ist v(x) eine konstante, so nennt man diese Funktion eine ganzrationale Funktion. Diese gehört damit zu den rationalen Funktionen und ist der Spezialfall einer Polynomfunktion. Allerdings gibt es Polynome, die nicht rationale Funktionen sind und es gibt rationale Funktionen, die keine Polynome sind. Polynome sind die Verallgemeinerung von ganzrationalen Funktionen.

Eine Menge A nennt man eine K-Algebra, wenn A ein K-Vektorraum ist, auf dem zusätzlich eine K-bilineare Funktion der Form A x A -> A definiert ist.

Vektorräume werden insbesondere im ersten Sememster lineare Algebra besprochen, du kannst dir ja mal ein Skript dazu suchen. Aber wie gesagt: In der Schulmathematik macht das keinen Unterschied, da sind nur die Körper der rationalen bzw. reellen Zahlen bekannt."

Es gibt tatsächlich einen Unterschied zwischen Polynomen und Polynomfunktionen. Polynome sind "formale Ausdrücke", Polynomfunktionen zugehörige Abbildungen. Über dem Körper \(\mathbb F_2=\{0,1\}\) ist z.B. \(X^2+X\) nicht das Nullpolynom, obwohl die zugehörige Polynomfunktion konstant Null ist. Über unendlichen Körpern kann das aber nicht passieren; d.h. dort kann man Polynome und Polynomfunktionen als äquivalent ansehen, wenn man das möchte.

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ich vermute, damit soll die Analogie zur Konstruktion der rationalen Zahlen \( \mathbb{Q} \) gemacht werden, die als gebrochene Ausdrücke aus den ganzen Zahlen hervorgehen.

Genauso gehen die gebrochenrationalen Funktionen als gebrochene Ausdrücke aus den ganzrationalen Funktionen hervor.

Mister

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"Analogie zur Konstruktion der rationalen Zahlen ℚ"

Wäre das nicht etwas weit hergeholt? Ich spreche im Normalfall ja auch nicht von "nicht-negativen ganzen Zahlen", wenn ich die "natürlichen Zahlen" meine. Selbst wenn ich eine Analogie herstellen wollte. Vor allem, wem nützt dieser Schlenker?

Der Begriff "Polynomfunktion" wäre sauber und eindeutig und hinterließe keine Fragezeichen.

Ich denke mittlerweile, dass mit "ganzrational" tatsächlich "ganze rationalen Zahlen" gemeint sind, also alle ganzen Zahlen.

Trotzdem stiftet der Begriff meiner Meinung nach mehr Verwirrung als dass er hilft.

PS: Ich kann mir vorstellen, dass jemand bei der Klassifizierung der "rationalen Funktionen" unterscheiden musste und um den Überbegriff "rational" beizubehalten dann wählte: gebrochenrational (hier wird durch "gebrochen" schön deutlich gemacht, dass wir Zähler und Nenner haben) und ganzrational (naja, die andere Variante :-) ).

Ich weiß nicht genau welcher Ausdruck früher da war. Ich glaube eine Polynomfunktion. 

Man definierte dann einfach die Rationalen Funktionen als Division zweier Polynomfunktionen.

Dabei kann jetzt aber im Nenner einfach nur eine Konstante stehen.

Um diese Besonderheiten deutlich zu machen nannte man das eine gebrochenrationale Funktionen und das andere ganzrationale Funktionen.

Eine ganzrationale Funktion ist demzufolge nur ein anderer Ausdruck einer Polynomfunktion.

Verwirrender finde ich es wenn Mathematiker bei Graphen von einer Parabel 5. Grades sprechen ...


Was Kai hier sagte klingt zwar einleuchtend aber leider wird der Ausdruck ganzrational nicht nur für Ausdrücke mit ganzen Zahlen als Koeffizienten benutzt.

Vielleicht war das sogar mal so angedacht aber schnell wurde das anders verwendet als es gedacht war ...

Das Wort "rational" bezieht sich vielleicht auf den größten (zu Zeiten der Erfindung) zweckmäßigen Koeffizientenraum (Körper \( K \)), nämlich die rationalen Zahlen.

Dass Polynome irrationale Koeffizienten haben, war nämlich anfangs nicht so erdacht gewesen. Vielmehr wollte man für irrationale Zahlen wissen, ob es Polynome mit rationalen Koeffizienten gibt, deren Nullstelle diese irrationalen Zahlen sind (also ob es statt transzendenter Zahlen algebraische sind).

Bei der Suche nach Nullstellen ist die Wahl aus diesen beiden Koeffizientenmengen allerdings irrelevant, da sich Nullstellengleichungen mit rationalen Koeffizienten durch Multiplikation mit dem kleinsten gemeinsamen Vielfachen aller Nenner auf äquivalente Gleichungen mit ganzzahligen Koeffizienten zurückführen lassen.

Schon alleine der Grund, dass wir zu keiner vernünftigen und eindeutigen Antwort kommen, zeigt mir, dass der Begriff „Polynomfunktionen“ vorzuziehen ist.

In Anbetracht des Wikipediaartikels https://de.wikipedia.org/wiki/Rationale_Funktion ist die ganzrationale Funktion ein Spezialfall der rationalen Funktion, nämlich wenn das Nennerpolynom konstant ist oder eine entsprechende Kürzung angewendet werden, nach der das Nennerpolynom konstant ist.

Gleichermaßen kann man eine ganze Zahl als Spezialfall der rationalen Zahlen betrachten, in welchem Fall der Nenner Eins ist, beziehungsweise eine entsprechende Kürzung angewendet werden kann.

Summa summarum muss man feststellen, dass der Ausdruck "gebrochenrationale Funktion" schlicht eine Redundanz enthält: Eine rationale Funktion ist ja eine gebrochene Funktion, nämlich ein Bruch zweier Polynomfunktionen.

Treffender wäre daher für gebrochenrationale Funktionen wohl ein Begriff wie "echt-rationale Funktion".

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