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0. Einführung

Es gibt viele gute Gründe dafür, \(0!\) als \(1\) zu definieren. Allgemein gilt $$n!=n\cdot (n-1)\cdot (n-2)\cdot ...\cdot 3\cdot 2\cdot 1$$ d. h. z. B. \(3!=6\), denn für \(n=3\) ergibt sich $$3\cdot 2\cdot 1=6$$ Du lernst nun \(3\) Gründe dafür kennen, weshalb \(0!\) als \(1\) definiert wird, obwohl beim Einsetzen von \(0\) in die Formel \(0\) herauskommt. Beachte, dass es sich bei den Gründen nicht um mathematische Beweise handelt!

1. Grund: Bildungsgesetz

Wir betrachten die Ergebnisse für \(4!\), \(3!\), \(2!\) und \(1!\):

- \(4!=24\)

- \(3!=6\)

- \(2!=2\)

- \(1!=1\)

Wie kommt man von \(4!\) auf \(3!\)? Du musst \(4!\) durch \(4\) dividieren. Um von \(3!\) auf \(2!\) zu kommen, musst du durch \(3\) dividieren. Um von \(2!\) auf \(1!\) zu kommen, musst du durch \(2\) dividieren. Erkennst du ein Muster? Die Preisfrage lautet nun: "Durch welche Zahl musst du \(1!\) dividieren, um auf \(0!\) zu kommen? Richtig, durch die \(1\). Du erhältst also: $$0!=1$$

2. Grund: Kombinatorische Überlegung

Auf wie viele Arten kann man \(3\) unterscheidbare Objekte (A, B, C) anordnen? Lösungen für kombinatorische Aufgaben dieser Art findet man mit der Fakultätsfunktion. Es gibt insgesamt \(3!=3\cdot 2\cdot 1\), also \(6\) verschiedene Möglichkeiten, um \(3\) unterscheidbare Objekte anzuordnen, nämlich dieser hier:

- ABC

- ACB

- BAC

- BCA

- CAB

- CBA

Allgemein kann man \(n\) unterscheidbare Objekte auf \(n!\) verschiedene Arten anordnen. Wie sieht es mit einem Objekt aus? Nun, ein Objekt kann man nur auf eine Art anordnen, nämlich so:

- A

Und wie sieht es mit \(0\) Objekten aus? Auf wie viele Arten kann man kein Objekt anordnen? Auch hier ist die Antwort offensichtlich: Auf genau eine Art, nämlich so:

-

Demnach ist es sinnvoll, \(0!\) als \(1\) zu definieren.

3. Grund: Die Eulersche Gammafunktion

Die Eulersche Gammafunktion besitzt die Eigenschaft $$\Gamma(n+1)=n!$$ Die Motivation Eulers zur Entwicklung dieser Funktion war es, die Fakultätsfunktion auf reelle und komplexe Argumente zu erweitern. Die Gammafunktion kann für komplexe Zahlen \(z\) mit positivem Realteil durch $$\Gamma(z)=\int\limits_{0}^{\infty}{t^{z-1}\cdot e^{-t}\mathrm{dt}}$$ definiert werden. Für \(z=n+1\) folgt: $$\Gamma(n+1)=\int\limits_{0}^{\infty}{t^{(n+1)-1}\cdot e^{-t}\mathrm{dt}}$$ und das entspricht $$\Gamma(n+1)=\int\limits_{0}^{\infty}{t^{n}\cdot e^{-t}\mathrm{dt}}$$ Wenn wir den Wert des uneigentlichen Integrals für \(n=0\) berechnen, ergibt sich also

\(0!=\int\limits_{0}^{\infty}{t^{0}\cdot e^{-t}\mathrm{dt}}\)

\(=\int\limits_{0}^{\infty}{1\cdot e^{-t}\mathrm{dt}}\)

\(=\int\limits_{0}^{\infty}{e^{-t}\mathrm{dt}}\)

\(=\left[-e^{-t}\right]_0^{\infty}\)

\(=\lim_{k\rightarrow\infty}{-e^{-k}-(-e^0)}\)

\(=\lim_{k\rightarrow\infty}{-e^{-k}+1}\)

\(=0+1\)

\(=1\)

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Sehr guter Artikel. Hier noch ein vierter Grund. Die (k+1)te Zeile im Pascalschen Dreieck lautet:

\( \begin{pmatrix} k\\0\ \end{pmatrix} \) \( \begin{pmatrix} k\\1\ \end{pmatrix} \) \( \begin{pmatrix} k\\2\ \end{pmatrix} \) . . . \( \begin{pmatrix} k\\k-1\ \end{pmatrix} \) \( \begin{pmatrix} k\\k\ \end{pmatrix} \)

Und weil \( \begin{pmatrix} n\\m\ \end{pmatrix} \) = \( \frac{n!}{(n-m)!·m!} \) muss für m=0 gelten, dass m!=1 ist.

Danke für das Lob und die Ergänzung.

Man könnte zusätzlich auch noch über die Betafunktion und die Reihenentwicklung für \(e^x\) mit \(x=0\) argumentieren. Dann sollte aber per Konvention festgelegt werden, dass \(0^0=1\) ist ... sonst geht das schief.

muss für m=0 gelten, dass m!=1 ist.

Wohl eher 0!=1

Du solltest lieber die Schlussrichtung kritisieren.

Nicht weil (n über 0) = 1 ist folgt, dass 0! = 1 sein muss, sondern umgekehrt, weil 0! zu 1 definiert wurde folgt, dass die Formel (n über m) = n! / m! / (n-m)! auch für m = 0 gültig bleibt.

@öl: Und wo ist jetzt der inhaltliche Unterschied zwischen deiner und meiner Formulierung?

@hj2166: wo steht (außer bei dir): "weil (n über 0) = 1 ist folgt, dass 0! = 1 sein muss"? Bei mir jedenfalls nicht.

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