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Aufgabe:

Keine direkte Aufgabe, eher allgemeinere Verständnisfragen zur Maßthoerie (Borel-Sigma-Algebra).


Problem/Ansatz:

Die Menge (ℝ,∅) würde auf der Grundmende ℝ ja eine Sigma-Algebra bilden, weshalb also nutzt man stattdessen die Borel Sigma algebra?

Liegt es einfach daran das man immer eine Sigma-Algebra mit mögchlichst vielen Elementen haben möchte oder was ist der genaue Grund?

Und in der Vorlesung haben wir zudem noch gesagt das B(ℝ) ≠ P(ℝ^n) (Mit B ist die Borel-Sigma-Algebra und mit P die Potenzmenge gemeint).

Die Borel-Sigma-Algebra wird ja zb. durch die Vereinigung aller offenen Mengen des ℝ^n erzeugt,

jedoch wird sie ja auch durch die Vereinigung aller abgeschlossenen Mengen erzeugt usw.

Sind dann nicht somit alle Teilmengen des ℝ^n enthalten und daher B(ℝ^n) = P(ℝ^n) ?


Vielen Dank schonmal im Voraus!

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2 Antworten

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Beste Antwort

Im großen und ganzen das, was MathePeter sagt. Einige Anmerkungen:


Messbarkeit ist eine verwandte Eigenschaft zur Stetigkeit von Abbildungen (im Sinne der Topologie, also dass Urbilder offener Mengen offen sind, wobei Offenheit und Messbarkeit ähnliche Eigenschaften erfüllen). Ist deine Topologie auf \(X\) zu grob, dann sind zu wenige interessante Abbildungen \(X\to Y\) und zu viele uninteressante/unstrukturierte Abbildungen \(Y\to X\) stetig. Die gegenteilige Aussage, falls deine Topologie zu fein ist.


In der Maßtheorie ist das ähnlich, du möchtest genug Mengen in deiner Sigma-Algebra haben, damit du möglichst vielen Mengen ein Volumen zuordnen kannst, aber wenig genug um zu verhindern, dass du keine "schönen" Maße mehr hast (siehe Banach-Tarski). Die "indiskrete" Sigma-Algebra \(\{\emptyset,X\}\) ist zwar eine Sigma-Algebra, aber keine sonderlich interessante, denn du weißt das Volumen der ganzen Grundmenge und das Volumen der leeren Menge, aber nichts dazwischen. Die Sigma-Algebra \(\mathcal{P}(X)\) ist auch nicht gut geeignet, eben wegen Banach-Tarski, also damit du JEDER Teilmenge ein Volumen zuordnen kannst, muss dein Maß ziemlich hässlich aussehen.

Zusätzlich: Die Borel-algebra ist eben nicht einfach nur \(\mathcal{P}(\mathbb{R}^n)\), denn eine Menge ist nicht unbedingt entweder offen oder geschlossen, sie kann weder-noch sein, und sie kann auch "nicht darstellbar" sein durch offene oder geschlossene Mengen (das ist quasi die Eigenschaft, um eine Borel-Menge zu sein). z.B. "\(\mathbb{R}/\mathbb{Q}\)" ist eine gern genommene Menge als Gegenbeispiel. In Anführungsstrichen, weil es nicht exakt der Gruppenquotient sein soll, sondern: eine maximale Teilmengen \(X\subseteq\mathbb{R}\), sodass \(\forall x_1\neq x_2\in X:x_1-x_2\notin \mathbb{Q}\), quasi eine Wahl eines Repräsentantensystems des Gruppenquotienten.

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Danke für diese ausführliche Erklärung. War sehr hilfreich! :)

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Hallo,

im weiteren Verlauf der Vorlesung werdet Ihr Maße definieren, und zwar auf den Mengen von Sigma-Algebren. Besonders von Interesse ist ein Maß, dass das übliche geometrische Maß für Quader auf möglichst viele Mengen fortsetzt, d.h. die zugrundeliegende Sigma-Algebra sollte möglichst groß sein.

Die Borel-Sigma-Algebra ist für alle praktischen Zwecke groß genug. Tatsache ist allerdings

1. Die Borel-Sigma-Algebra ist echt kleiner als die Potenzmenge

2. Es ist unmöglich, das gewöhnliche geometrische Maß auf die Potenzmenge fortzusetzen, wenn man die typischerweise erwarteten Eigenschaften eines Maßes beibehalten will.

Beide Tatsachen lassen sich nur außerordnetlich schwer beweisen. Anders gesagt: Praktisch ist das nur von geringer Bedeutung.

Gruß

Avatar von 13 k

Danke auch an dich. :)

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