0 Daumen
239 Aufrufe

Beobachtungen, die beim Teilen natürlicher Zahlen durch andere natürliche Zahlen (außer 1) gemacht werden, führen zu Aussagen, die der mathematischen Disziplin ‚Elementare Zahlentheorie‘ angehören. Insbesondere betreffen solche Aussagen Faktorenzerlegungen, Teilbarkeitsregeln und Divisionsreste. Ein zentraler Begriff in der elementaren Zahlentheorie ist der Begriff der Primzahl.

Beispiele für Primzahlen, Faktorenzerlegungen und Divisionsreste liefert heute jedes Computer-Algebra-System (CAS). Die meisten CAS verstehen die Befehle NEXT_PRIME(n) zum Aufrufen der nächsthöheren Primzahl oberhalb einer gegebenen Zahl n, FACTOR(z) zum Aufrufen der Primfaktorenzerlegung einer Zahl z und MOD(a, b) zur Bestimmung des Divisionsrestes bei Division von a durch b.


Eine Primzahl ist eine natürliche Zahl mit genau zwei verschiedenen natürlichen Teilern. Der Befehl FACTOR(71) wird von CAS mit 71 beantwortet. 71 ist also eine Primzahl. Ein Verfahren zur einfachen Bestimmung von Primzahlen unter einer Schranke s hat der griechische Mathematiker Eratostenes bereits im 3. Jahrhundert v.Chr. beschrieben. Näheres findet man im Internet. Den Befehl FACTOR(91) beantwortet CAS mit 7ˑ13. Die Zahl 91 heißt auch zusammengesetzte Zahl.


Ein historisch interessantes Beispiel für eine Faktorenzerlegung ist folgendes: $$2^{67}-1 = 147573952589676412927=193707721 \cdot 761838257287$$Ein Computer-Algebra-System (CAS) berechnet heute diese Zeile in weniger als einer Sekunde. Im Jahre 1903 erntete ein gewisser Nelson Cole stehenden Applaus von der ‚American Mathematical Society‘ für diese Rechnung. Bis zum Jahre 1876 galt nämlich die Behauptung des Minoritenbruders Marin Mersenne: „\(2^{67}-1\) ist eine Primzahl“. Im Jahre 1876 hatte dann der französische Mathematiker Edouard Lucas beweisen können, dass \(2^{67}-1\) das Produkt zweier von 1 verschiedener Zahlen ist, ohne diese Zahlen nennen zu können.


Cole soll später gestanden haben, für seine Rechnung die Sonntage von 3 Jahren geopfert zu haben. Prinzipiell hat sich an der Situation Coles auch nach der Erfindung digitaler Rechenmaschinen nicht viel geändert außer, dass es wesentlich größerer Zahlen bedarf, um deren Faktoren mit einem digitalen Werkzeug erst nach über 150 Tagen Rechenzeit zu finden. Das Problem der Faktorenzerlegung ist der Mathematik erhalten geblieben. Genau dieses Problem macht sich das RSA-Verschlüsselungsverfahren zunutze.


Vor der Einführung digitaler Werkzeuge in den Mathematikunterricht waren sogenannte Teilbarkeitsregeln (Endstellenregeln für 2, 4 und 5; Quersummenregeln für (3, 7, 9 und 11) Unterrichtsthema in der 6. Klasse. Das erscheint heute unnötig, da Computer die Zerlegung von natürlichen Zahlen in natürliche Faktoren in der Größenordnung, wie sie in der Schule vorkommen, in Bruchteilen von Sekunden liefern. Aus rein mathematischer Sicht bleibt allerdings die Frage interessant: Was steckt hinter einer Regel, welche hilfsmittelfrei die Teilbarkeit durch 3 oder 9 in Sekunden prüft? Warum gilt diese Teilbarkeitsregel? Wer angesichts digitaler Werkzeuge solche Fragestellungen für unnütz hält, den kann sowohl die elementare Zahlentheorie als auch die Mathematik im allgemeinen nicht wirklich interessieren.

Avatar vor von 124 k 🚀

1 Antwort

+1 Daumen

Naja. Die Teilbarkeitsregeln sind für Schüler ja allein schon aus dem Grund interessant, damit man den ggT und das kgV sehr leicht bestimmen kann. In der Schule langt es dabei auch die Teilbarkeitsregeln bis zur Zahl 10 (außer 7) zu kennen.

Ein Schüler wird kaum in der Lage sein ohne digitale Hilfsmittel die Faktorzerlegung von 2^67 - 1 zu bestimmen. Und wenn es mit digitalem Hilfsmittel geht ist es doch nur eine Frage bis zu welchem n das geht. Geogebra streikt bei 2^10000 - 1

Ich weiß zwar nicht genau wie Geogebra funktioniert, aber im Zweifel sind die ersten n Primzahlen in einer Tabelle abgespeichert. Wobei n eine für mich unbekannte natürliche Zahl ist.

Wer angesichts digitaler Werkzeuge solche Fragestellungen für unnütz hält, den kann sowohl die elementare Zahlentheorie als auch die Mathematik im allgemeinen nicht wirklich interessieren.

Kaum ein Schüler bis zum Abitur weiß, wie so eine Teilbarkeitsregel entsteht.

Natürlich kann man beweisen, dass Folgendes gilt:

Eine Zahl ist genau dann durch 27 teilbar, wenn ihre nichtalternierende 3er-Quersumme durch 27 teilbar ist.

Und ich würde nicht generell jedem ein Interesse an der Mathematik absprechen, wer sich jetzt nicht unbedingt mit Zahlentheorie beschäftigt. Es gibt doch so viele verschiedene Facetten in der Mathematik, sodass jeder dort sein eigenes Interessensgebiet finden kann.

Avatar vor von 493 k 🚀

Der Mathecoach hat recht: "Kaum ein Schüler bis zum Abitur weiß, wie so eine Teilbarkeitsregel entsteht."

Das war zu meiner Schulzeit noch anders. Damals war 'Restgleichheit' noch Unterrichtsthema der sechsten Klasse.

Die Folgerung: 'A interessiert sich nicht für Zahlentheorie'. ⇒ 'A interessiert sich nicht für Mathematik' hat Der_Mathecoach mir angedichtet.

Ich habe schon verstanden du meinst

A interessiert sich für solche Fragen nicht, weil es digitale Werzeuge gibt → A interessiert sich weder für Zahlentheorie noch Mathematik.

Und das würde ich bestreiten aus dem Grund, den ich genannt habe.

Das Verständnis der Teilbarkeitsregeln für Schüler, insbesondere für die Zahlen 2, 5 und 10, lässt sich gut anhand der Eigenschaften des Zehnersystems erklären.

Der Grundgedanke ist: Von jeder beliebigen Zahl kann man Vielfache von 10 (wobei 10=2⋅5) abziehen, ohne die Teilbarkeit durch 2 oder 5 für den verbleibenden Rest - die letzte Ziffer - zu ändern. Die Teilbarkeit der gesamten Zahl durch 2 oder 5 hängt also ausschließlich von ihrer letzten Ziffer ab.

Daraus ergeben sich folgende Schlussfolgerungen:

* Ist die letzte Ziffer einer Zahl gerade (0, 2, 4, 6 oder 8), ist die gesamte Zahl durch 2 teilbar.

* Ist die letzte Ziffer einer Zahl eine 0 oder eine 5 (also durch 5 teilbar), ist die gesamte Zahl durch 5 teilbar.

* Ist die letzte Ziffer eine 0, so ist die Zahl sowohl durch 2 als auch durch 5 teilbar und somit auch durch deren Produkt 10.

Kaum ein Schüler bis zum Abitur weiß, wie so eine Teilbarkeitsregel entsteht.

Ich würde sogar noch weitergehen:

Kaum ein Schüler bis zum Abitur kann mehr als zwei Teilbarkeitsregeln benennen/erklären. Erklären im Sinne von "wie" sie funktioniert und nicht "wieso" sie funktioniert.

Aber dann nur, weil sie das Wort Teilbarkeitsregel nicht verstehen. Gibt denen ein Arbeitsblatt zum ergänzen, dann steigt der Anteil der Schüler merklich.

Ich könnte das mal an jeweils 20 Förderschülern aus den Klassenstufen 8 bis 12/13 testen.

Eine Zahl ist teilbar durch ..., wenn ...
2
3
4
5
6
8
9
10

Mathecoach, falls du den Test wirklich durchführst, könntest du das Ergebnis hier veröffentlichen?

Das kann ich machen. Das muss nur etwas gut geplant werden, denn wir wollen ja nicht, dass eine KI oder Gruppenarbeit die Testergebnisse verfälschen.

Das Ergebnis würde mich auch interessieren.

Und nein, ich sehe die Problematik nicht im Begriff Teilbarkeitsregel, sondern grundsätzlich in der mangelhaften Anwendung von Rechenfertigkeiten. Ich bemerke das häufig daran, dass viele Schüler Ewigkeiten brauchen, um gemeinsame Faktoren beim Kürzen von Brüchen zu erkennen. Bei den Faktoren 2 und 10 geht es noch ganz gut, 5 klappt manchmal ganz gut, der Rest wird schlicht nicht erkannt. Wer mehr als 10 Sekunden dafür braucht, um zu erkennen, dass man \(\frac{39}{63}\) durch 3 kürzen kann (es geht nur um die Erkenntnis), kennt einfach die Regeln nicht.

Durch mangelhafte Anwendung ist es aber auch nicht verwunderlich, dass das früher oder später in Vergessenheit gerät. Es gibt ja Taschenrechner.

Erfahrungsgemäß haben die meisten Schüler Schwierigkeiten bei der Faktorzerlegung von 91. Das ist aber auch im Zahlenbereich bis 100 die schwierigste Zahl, die in Test eigentlich eh nie dran kommt. Wenn es also ums kürzen geht, kann man ja zunächst die andere Zahl Zerlegen und dann prüfen, ob 91 durch einen der Faktoren teilbar ist.

Bei 39 und 63 ist die Teilbarkeit durch 3 schon offensichtlich, weil jede Ziffer durch 3 teilbar ist. Da braucht man also nicht mal die Quersumme zu bilden. Aber zugegeben wissen das leider tatsächlich wenige. Die überlegen, wie man 248 durch 2 teilen kann und greifen dann zum Taschenrechner, wenn man es nicht strikt verbietet. Mann kann aber auch den TR erlauben und nachher nachfragen, wie man das auch hätte im Kopf viel schneller erkennen können. Größtenteils kommt dann ein Aha-Moment.

Ich bin durchs Leben gekommen, ohne mir irgendwelche Teilbarkeitsregeln zu merken ;-)

Es gibt Wichtigeres, daran würde ich mathematisches Interesse oder Verständnis nicht festmachen

User, selbstverständlich kommt man ganz ohne Teilbarkeitsregeln durchs Leben und ganz sicher gibt es Wichtigeres als nun gerade die Teilbarkeitsregeln. Woran würdest du denn mathematisches Interesse erkennen?

Ein anderes Problem?

Stell deine Frage

Willkommen bei der Mathelounge! Stell deine Frage einfach und kostenlos

x
Made by a lovely community