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Aufgabe:

Eine Schule wird von 1036 Schülern besucht, 560 Jungen und 476 Mädchen. 125 Jungen und 105 Mädchen tragen eine Brille. Hängt das Sehvermögen der Kinder vom Geschlecht ab?

B: "Kind trägt eine Brille."

M: "Kind ist ein Mädchen."


Problem/Ansatz:

Liebe Lounge,

mein erstes Problem bei dieser Aufgabe liegt darin, dass es mir nicht klar ist, ob die stochastische Unabhängigkeit dieser beiden Merkmale an der Schule getestet werden soll oder ob man aus den relativen Häufigkeiten auf Wahrscheinlichkeiten einer größeren Grundgesamtheit schließen soll und somit die Ereignisse im Allgemeinen auf stochastische Unabhängigkeit hin untersucht.


1. Falls es lediglich um die Schule geht:

In diesem Fall bin ich der Meinung, dass die relativen Häufigkeiten exakt der Wahrscheinlichkeit entspricht. Zum Beispiel gilt, dass die relative Häufigkeit H_r("Kind trägt eine Brille")= \( \frac{230}{1036} \). Das heisst, an der Schule ist die Wahrscheinlichkeit, dass man ein Kind mit Brille antrifft P(B)=H_r("Kind trägt eine Brille")= \( \frac{230}{1036} \) ≈22,2%


Berechnet man nun P_M(B), kommt heraus P_M(B)=\( \frac{105}{476} \)≈22,1%.


Demnach wären die beiden Wahrscheinlichkeiten zwar fast gleich, allerdings eben nur fast. Folglich würde ich sagen, dass die Wahrscheinlichkeiten der Ereignisse sehr leicht voneinander abhängig wären.

Sprich: Die Wahrscheinlichkeit, dass man aus allen Kindern ein Kind mit Brille antrifft ist minimal größer als aus der Gruppe der Mädchen ein Mädchen mit Brille anzutreffen.


Problem: Im Buch steht, dass die beiden Wahrscheinlichkeiten unabhängig voneinander seien...


2. Falls man mithilfe dieser relativen Häufigkeiten auf die Wahrscheinlichkeit der Ereignisse gemessen an einer größeren Grundgesamtheit schließen möchte, dann wäre ich mit dieser Lösung einverstanden.


Sprich: Nach dem empirischen Gesetz der großen Zahlen könnte man annehmen, dass sich die beiden relativen Häufigkeiten soweit annähern, dass sich der Unterschied nicht mehr auswirken kann. Demnach könnte man dann interpretieren, dass die beiden Ereignisse im Allgemeinen stochastisch unabhängig voneinander sind.


Ich hoffe das Problem wird klar...?

LG

Kombinatrix

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2 Antworten

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Das Problem ist völlig klar. Und es gibt hier keine klare Regel. Es kommt auf deine Begründung an.

Die Mathematische Regel lautet eben ist

P(A | B) = P(A | nB) = P(A)

Diese Regel betrifft allerdings Wahrscheinlichkeiten und nicht relative Häufigkeiten.

Wählt man also einen Schüler zufällig unter den Schülern aus, denn sind die Ereignisse abhängig weil die Wahrscheinlichkeiten bei der Auswahl wichtig sind. Nimmt man allerdings die Schüler als eine Stichprobe aller Kinder, dann sind die Ereignisse eventuell unabhängig.

Nehmen wir mal an du wirfst einen weißen und einen schwarzen Würfel 100 mal. 

Untersuche die Ereignisse

A: Der schwarze Würfel zeigt eine gerade Zahl
B: Der weiße Würfel zeigt eine "6" an

auf stochastische Unabhängigkeit. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die relativen Häufigkeiten bei einem Zufallsversuch jetzt tatsächlich angeben das die Ereignisse unabhängig sind.

Wenn du mir den relativen Häufigkeiten bei einer Stichprobe rechnest, dann langt es wenn die releativen Häufigkeiten auch fast gleich sind.

Etwas genauer untersucht ihr das später bei den Hypothesentest

Du brauchst erstmal nur Wissen das die Formel für die Unabhängigkeit nur bei der theoretischen Wahrscheinlichkeit gilt und nicht bei relativen Häufigkeiten.

Wenn du einen Würfel 100 mal wirfst wird dir die relative Häufigkeit nie bestätigen das die Wahrscheinlichkeit bei exakt bei 1/6 liegt.

Avatar von 479 k 🚀

Entschuldige, dass ich mich erst jetzt für diesen Beitrag bedanke.

Meine Frage ist nun aber, wie kann ich denn argumentieren, wenn mit relativen Häufigkeiten gerechnet wird?


Prinzipiell könnten zwei Ereignisse doch auch stochastisch unabhängig sein, wenn

P_M(B) und P(B) weiter auseinanderliegen als im Beispiel? Also man könnte doch auch argumentieren, dass bei P_M(B)=25% und P(B)=21% die beiden Ereignisse rechnerisch abhängig erscheinen, in Realität aber doch unabhängig sein könnten?


Weil es eben nur relative Häufigkeiten aus der Stichprobe sind?

Sind beim Würfeln die Ereignisse

A: Es wird eine gerade Augenzahl geworfen

und

B: Es wird eine durch drei teilbare Augenzahl geworfen

stochastisch unabhängig?

Vermutlich wirst du mit ja antworten und dieses auch richtig begründen können.

Jetzt wirfst du einen Würfel 10 mal und sollst nochmal die Ereignisse anhand der relativen Häufigkeiten auf stochastische Unabhängigkeit überprüfen. Vermutlich wirst du dann zu einer Aussage kommen, dass die Ereignisse stochastisch abhängig sind.

Je größer die Versuchsanzahl ist, desto mehr stabilisieren sich die relativen Häufigkeiten um den Wert der Wahrscheinlichkeit. D.h. gerade bei kleiner Versuchsanzahl langt es nicht die Formel für die Unabhängigkeit zu nehmen.

Ok. Aber das heißt, das bei kleiner Stichprobe meine Aussage stimmt?

Bzw. könnte man vielmehr sagen: Da di Stichprobe so klein war (1000 Schüler) ist es zwar rechnerisch "fast gleich" und somit stoch. unabhängig.

Es könnte aber theoretisch auch abhängig sein wenn man die Stichprobe vergrößert oder?

Wie gesagt später lernt ihr das noch zu klassifizieren. Momentan langt es wenn du sagst, das es vermutlich unabhängig ist, da die Wahrscheinlichkeiten nahezu gleich groß sind.

Wärst du bitte so nett, mir ein Beispiel für diese Klassifizierung zu geben?


Macht man das z.B. mit dem Chi-Quadrat-Test?

Ist das nicht alles zu kompliziert gedacht ?

Eine Schule wird von 1036 Schülern besucht, 560 Jungen und 476 Mädchen. 125 Jungen und 105 Mädchen tragen eine Brille. Hängt das Sehvermögen der Kinder vom Geschlecht ab?

Haben eine Brille
Jungen 125 / 560 = 22.32 %
Mädchen 105 / 476 = 22.06 %

Das Sehvermögen der Jungen ist etwas schlechter
als das der Mädchen.

Haben eine Brille
Jungen 125 / 560 = 22.32 %
Mädchen 105 / 476 = 22.06 %

Das Sehvermögen der Jungen ist etwas schlechter
als das der Mädchen.

Richtig. Das Sehvermögen hangt auf dieser Schule vom Geschlecht ab.

Aber wäre es hier nicht wirklich ein extremer Zufall, wenn Tatsächlich eine Gleiche Wahrscheinlichkeit herauskommen würde? Kann überhaupt bei 560 Jungen und 476 Mädchen exakt die gleiche Wahrscheinlichkeit herauskommen? Ist es dann sinnvoll zu sagen, dass das Sehvermögen vom Geschlecht abhängt, weil es dann immer abhängen würde. Also es macht keinen Sinn.

@Mathecoach: Habe mich jetzt in die Thematik eingearbeitet. Eine Möglichkeit für einen von dir angesprochenen Hypothesentest wäre doch der Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstest oder?


Sprich man wählt ein Signifikanzniveau aus, bestimmt die Freiheitsgrade (müssten bei einer Vierfeldertafel immer einer sein) und kann dann die Prüfgröße ermitteln.

Anschließend schaut man in der Liste nach dem kritischen Wert. Ist der Wert der Prüfgröße kleiner k, so kann man die Nullhypothese, nämlich, dass die beiden Merkmal voneinander unabhängig sind, beibehalten.



Könntest du mir das, falls so korrekt, bitte kurz bestätigen, damit ich mit dem Thema abschließen kann?


Vielen Dank @Mathecoach!

Ja. Man könnte hier den Chi^2-Test machen. Es gibt nicht nur einen Test. Es gibt verschiedene Testmöglichkeiten. Es ist der Chi^2-Unabhängigkeitstest, den man dann macht.

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Der "Exakte Test nach Fisher" liefert mit den vorgelegten Daten dies:

Fisher's Exact Test https://www.langsrud.com/stat/Fishertest.htm 
------------------------------------------
TABLE = [ 105 , 125 , 371 , 435 ]
Left : p-value = 0.489940725757948
Right : p-value = 0.5695486793729501
2-Tail : p-value = 0.9403059294861058
------------------------------------------

(verwendet wurde dazu https://www.langsrud.com/stat/Fishertest.htm)

Er kann zum Beispiel verwendet werden, um zu testen, ob zwei Merkmale mit einem vorher zu bestimmenden Signifikanzniveau statistisch voneinander abhängen.

Avatar von 26 k

Vielen Dank für die Antwort. Was bedeuten diese Ergebnisse jetzt ? Und kann man es auch mit dem CHI-Quadrat-Test überprüfen ?

Vielen Dank für die Antwort. Was bedeuten diese Ergebnisse jetzt ?

Du hast hier also zu 94% eine Abhängigkeit der Werte.

Und ja du kannst auch den Chi^2-Unabhängigkeitstest machen.

Vielen Dank!k

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