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Die Regel für die Division durch einen Bruch wird von den meisten Schülerinnen und Schülern ohne Einsicht in das ‚Warum‘ vermutlich auswendig gelernt und eine Einsicht in die Begründung dieser Divisionsregel wird auch von vielen Lehrerinnen und Lehrern nicht im Unterricht angestrebt. Ausgerechnet Adam Riese, der die Methoden des Rechnens in seinem Rechenbüchlin nicht mit Begründungen versah, liefert einen Zugang zur Einsicht in die Gültigkeit der Regel für die Division durch einen Bruch. Er behandelt zunächst den Fall gleicher Nenner von Bruchdividend und Bruchdivisor. In diesem Falle sei das Resultat nämlich der Quotient der Zähler. Das ist auch für Sechstklässler leicht einsehbar, wenn man den Nenner N als Einheit wählt. Dann wird aus (r/N) : (s/N) die Aufgabe r : s.


Nun kann man Schülerinnen und Schüler einer sechsten Klasse auffordern, die Regel für die Division durch einen Bruch selbständig herzuleiten. Lösungsweg für \( \frac{a}{b} \) :\( \frac{c}{d} \) : Beide Brüche werden auf den Hauptnenner gebracht \( \frac{ad}{bd} \) :\( \frac{bc}{bd} \) und nach der Regel für gleiche Nenner berechnet: (ad):(bc)= \( \frac{ad}{bc} \) =\( \frac{a}{b} \) ∙\( \frac{d}{c} \) . Also kann die Division durch einen Bruch ersetzt werden durch die Multiplikation mit dem Kehrbruch.   

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Ich hatte einen Mathelehrer, der hat uns (erst in der 10. anstatt 6. Klasse) eingetrichtert, "es wird durch einen Bruch dividiert indem man mit dem Kehrwert des Bruches multipliziert". Und es auch intuitiv verständlich gemacht, mit dem Gedankengang in wieviel Drittelstücke Pizza kann man 7 Pizzas teilen, das sind 7 * 3 = 21. In der 6. Klasse waren wir, bei einem anderen Lehrer, mit dem jahrelangen Zeichnen von Venn-Diagrammen beschäftigt, was damals ein pädagogisches Experiment in dieser Stufe war, das später nicht weiterverfolgt wurde, und mit auf krumme Holzbretter gehefteten Blättern, die zuerst mit Bleistift und dann, nach Kontrolle, mit Tusche bemalt wurden, inkl. fachgerechtem Einsatz von Skalpellen zum Abkratzen von Fehlern. Und unvergesslichen Rügen, als jemand das "a" in seinem Namen manchmal mit der Schriftschablone als "a" und dann als "ɑ" aufs Papier brachte. Vielleicht wegen dieser Tusche-Kratzerei sind aus dieser 6.-9. Klasse zwei Chirurgen hervorgegangen, immerhin etwas.

Ein Kasten Bier hat 20 Flaschen. 1/10 von sind 2 Flaschen. Davon die Hälfte ist 1 Flasche =

1/20 aller Flaschen. (1/10)/2 = 1/20 = (1/10)/(2/1) = 1/10*1/2

oder so:

1/5 sind 4 Flaschen, davon die Hälfe sind 2 Flaschen = 2/20 = 1/10 = 1/5*1/2

So könnte man es auch anschaulich erklären.

Ein wirklich nützlicher Beitrag, wie Adam Riese noch heute pädagogische Tips bewirkt.

lul

So könnte man es auch anschaulich erklären.

Du dividierst hier strenggenommen aber durch eine Ganzzahl und nicht durch einen Bruch. Diese Veranschaulichung hinkt daher gewaltig.

2 Antworten

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Beste Antwort

Die Idee mit den gleichnamigen Brüchen ist gar nicht so verkehrt und lässt sich dann auch gut auf die Division mit Rest zurückführen. Bei der Division \(12\,:\,5\) fragt man ja auch gerne Wie oft passt die 5 in die 12? Antwort: \(2\frac{2}{5}=\frac{12}{5}\) mal. Wie lässt sich das nun auf Brüche übertragen?

Wir wollen \(\frac{3}{4}\) durch \(\frac{4}{5}\) teilen. Also fragen wir uns, wie oft passen \(\frac{4}{5}\) in \(\frac{3}{4}\)? Dazu könnte man jetzt verschiedene Zeichnungen anfertigen lassen und vielleicht käme der eine oder andere Schüler dann auch auf die Idee, dass es sich einfacher abzählen lässt, wenn die Brüche den gleichen Nenner haben (man also eine gleiche Einteilung wählt, wenn man zum Beispiel einen Einheitsbalken zeichnen lässt und diesen unterteilt). Das führt nun dazu, dass wir die Division \(\frac{15}{20}\,:\,\frac{16}{20}\) erhalten, was sich auf die Division \(15\,:\,16=\frac{15}{16}\) zurückführen lässt.

Dem schlauen Schüler fällt nun vielleicht auf (oder nach mehreren Beispielen), dass beim Erweitern jeweils mit dem Nenner des anderen Bruchs erweitert wird (im einfachsten Fall und somit ohne Berücksichtigung eines kgVs) und der gemeinsame Nenner ohnehin nicht gebraucht wird: oben steht dann also der Zähler von Dividend multipliziert mit dem Nenner des Divisors und unten steht der Nenner vom Dividend multipliziert mit dem Zähler des Divisors.

Es ist quasi nur noch eine Multiplikation über Kreuz. Geht man jetzt noch einen Schritt weiter, stellt man fest, dass man das gleiche Ergebnis erhält, wenn man den Divisor einfach umdreht. Damit haben wir also unsere Division ersetzt durch die Multiplikation mit dem Kehrbruch des Divisors.

Es bliebe für die Schüler dann noch herauszufinden, weshalb es nicht funktioniert, wenn man den Dividenden umdreht. Das ließe sich aber an zahlreichen Beispielen entdecken.

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Die Diskussion des Zusammenhangs der Regeln
"Man dividiert (durch einen Bruch), indem man mit dem Kehrbruch multipliziert"
und
"Man subtrahiert eine Zahl, indem man die Gegenzahl addiert"
sollte bei den Schülern zu tieferen Einsichten führen.

Mathematisch stringenter Beweis:
Zu beweisen: Warum gilt a/b ÷ c/d = a/b × d/c?
Definition der Division:
Für reelle Zahlen x, y mit y ≠ 0 gilt: x ÷ y = z ⟺ y × z = x
Beweis:
Schritt 1: Anwendung der Definition
a/b ÷ c/d = z bedeutet: (c/d) × z = a/b
Schritt 2: Bestimmung von z
Wir suchen z, sodass: (c/d) × z = a/b
Schritt 3: Multiplikation beider Seiten mit d/c
(c/d) × z × (d/c) = (a/b) × (d/c)
Schritt 4: Vereinfachung der linken Seite
(c/d) × (d/c) × z = z × (cd)/(dc) = z × 1 = z
Schritt 5: Vereinfachung der rechten Seite
(a/b) × (d/c) = (ad)/(bc)
Schritt 6: Schlussfolgerung
Aus Schritt 4 und 5: z = (ad)/(bc) = a/b × d/c
Verifikation:
Prüfung: (c/d) × (a/b × d/c) = (c/d) × (ad)/(bc) = (c × ad)/(d × bc) = (acd)/(bcd) = a/b
Daher ist bewiesen:
a/b ÷ c/d = a/b × d/c, wobei d/c der multiplikative Inverse (Kehrwert) von c/d ist.


Ist diese Beweisführung aus dem Netz sauber und korrekt?

Die Beweisführung ist korrekt und ab Schritt 3 nicht elegant.

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Die modern-algebraische Perspektive ("Gruppen sind genau dadurch bestimmt, wie sie auf Objekten wirken, und Multiplikation steht grundsätzlich für Hintereinanderausführung") gibt eine weitere mögliche intuitive Denkweise, über die Division von Brüchen nachzudenken. Ich benutze sie gerne in Vorkursen und merke, dass das in der Schule selten verinnerlicht wird:

Ein Bruch \(\frac{a}{b}\) (und wir sagen zur Vereinfachung, dass er nicht \(0\) ist) stellt klassisch den Prozess dar, eine Masse um \(a\) zu vervielfachen und in \(b\) gleichmassige Stücke zu teilen. Das sind zwei Dinge, die passieren.

Es ist unerheblich, was von beidem zuerst passiert, die Vervielfachung oder die Teilung. Das ist überhaupt erst der Grund, wieso wir \(\frac{a}{b}\) schreiben dürfen, als wäre es ein Prozess anstelle von zwei. Das kann man sich an einem Bild vorstellen, in dem ein Quadrat erst zu einem Rechteck von links nach rechts vervielfacht und dann in Streifen von oben nach unten geschnitten wird. Jenachdem, ob man zuerst vervielfacht oder zuerst teilt, bekommt man eine um 90° gedrehte kongruente Figur des jeweils anderen.

Nun ist es genau die Division (oder moderner: "Umkehroperation"), die die Rückgängigmachung eines Prozesses darstellt, während die Multiplikation die Hintereinanderausführung beschreibt.

Wie kehren wir "Um \(a\) vervielfachen und dann in \(b\) Stücke teilen" um? Ganz intuitiv: "Um \(a\) vervielfachen, dann in \(b\) Stücke teilen, dann um \(b\) Vervielfachen und dann in \(a\) Stücke teilen" ist ein sehr langer Satz, der das Nichtstun bezeichnet. Die Teilung in \(b\) Stücke wurde sofort danach zunichte gemacht, was übrig bleibt ist eine Vervielfachung gefolgt von einer Teilung, die auch keine Wirkung zeigt. Wir folgern, dass \(\frac{b}{a}\) den Umkehrprozess zu \(\frac{a}{b}\) darstellt, oder anders gesagt: \(x\text{ }: \frac{a}{b} = x\cdot\frac{b}{a}\) für beliebige geeignete \(x\).

Drei Tage später im Vorkurs erkennen die Studis dann sofort den folgenden Beweis für beliebige Gruppen wieder: \((ab)^{-1}=b^{-1}a^{-1}\), denn \((ab)(b^{-1}a^{-1})=a(bb^{-1})a^{-1}=aa^{-1}=e\). Ist auch ein schöner Aha-Moment, Wissen aus der fünften Klasse sofort auf einer höheren Ebene in die Uni zu transferieren.

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